Das Ende der Vierkanter − Herausforderung für Denkmalschützer?

Die Vierkanter sind viel gelobt, aber auch immer wieder kritisiert worden: Bereits im Jahr 1887 veranstaltete die k.k. oberösterreichische Landwirtschaftsgesellschaft einen Architektenwettbewerb über moderne Bauernhäuser. Die Kritik galt dem Vierkanter, weil er feuergefährlich und „unschön“ sei. Ferner sah man überdurchschnittlich viel Kapital gebunden. Der Bauforscher und Vierkantenthusiast Rudolf Heckl meinte dazu mehr als ein halbes Jahrhundert später, praktisch am Ende der Blüte der Vierkanter: „Die Bauern waren eben klüger als die Theoretiker von 1887. Nehmen wir uns in acht, dass die Praktiker vom Jahre 2000 nicht ebenso über unsere Klügeleien lachen wie wir über unsere Groß- und Urgroßväter.“ Allerdings änderten sich die Zeiten und Bedürfnisse schneller als Heckl glaubte. Die Praktiker können inzwischen tatsächlich mit den funktionalen Vorschlägen Heckls nicht mehr viel anfangen. Heckl schrieb 1949, also am Höhepunkt der Nutzbarkeit des Vierkanters. Damals konnte man die von ihm herausgestrichenen Vorzüge gerade noch gelten lassen: „Die Entwicklung des Gehöftes liegt in der vollendeten Organisation des Gebäudes und im inneren Raumzusammenhang, der alle mechanischen Transportanlagen ermöglicht, daneben aber schon rein durch die Anordnung die größtmögliche Arbeitserleichterung bieten muss...“
Schon ein paar Jahre später galt das alles nicht mehr: Der technische Wandel hatte den Vierkanter zum Problemfall gemacht: Für die betriebswirtschaftlichen Erfordernisse der modernen Landwirtschaft sind diese riesigen Gehöfte zu einer erheblichen Belastung geworden. Die einstmals gesinde- und kinderreichen Bauernhöfe sind zu Betrieben geworden, die von einer einzigen Arbeitskraft oder gar im Nebenerwerb bewirtschaftet werden.Viele der Betriebe sind inzwischen viehlos. Weder die Stall- noch die Speicherräume werden im vorhandenen Ausmaß gebraucht. Für die Unterbringung der Maschinen sind die Räume nicht geeignet. Die Durchfahrten sind zu niedrig, die Innenhofräume zu groß. Wer trägt die riesigen Kosten, die eine derartige Dachfläche, die vielen Fenster und die gewaltige Baukubatur nach sich ziehen?
Es ist nicht einfach, für die majestätischen Gebäude eine adäquate Verwendung zu finden, die geeignet ist, an den Erhaltungskosten mitzutragen und damit diese wichtigsten Zeugen bäuerlicher Kultur in Oberösterreich und dem westlichen Niederösterreich für die Kulturlandschaft erhalten hilft. Die gravierende Umgestaltung der Wirtschaftsgebäude hat in vielen Fällen zu einer Beeinträchtigung oder Zerstörung der typischen Hoflandschaft geführt. Es gibt aber auch gelungene Beispiele einer bewirtschaftungsbedingten, aber adäquaten Umgestaltung und von neuen Verwendungsmöglichkeiten in Verbindung mit einer liebevollen Bewahrung des Baubestandes: Vermietungen, Gästeräume, Seminarräume etc. können nur in kleinem Maß zur Lösung beitragen.


o. Univ. Prof. Dr. Roman Sandgruber
Johannes-Kepler-UniversitätLinz
Institut für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte

 

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